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Das Bronzetor von San Zeno

„Ich bin die Tür, wer durch mich hineingeht, wird gerettet werden; er wird ein- und ausgehen und Weide finden“

(Joh 10,9)

Ausdrucksstarke beinahe surreale Szenen mit faszinierenden plastischen Kreaturen, die aus den Bronzeplatten herauszuklettern scheinen, empfangen den Besucher in San Zeno Maggiore. Die Szenen wirken trotz ihrer Einfachheit lebendig und modern – zuweilen sogar kryptisch und unheimlich. Schon beim Betreten der Kirche wurde die Fantasie der Gläubigen des Mittelalters von einer wahren Flut an Eindrücken überwältigt.

Im Westen Veronas, etwas abseits der Touristenpfade, befindet sich die romanische Kirche San Zeno Maggiore. Sie ist eines der bedeutendsten Zeugnisse romanischer Baukunst Oberitaliens. Der heilige Zenon (ital. San Zeno bzw. San Zenone) war einer der ersten Bischöfe Veronas. Die Tätigkeit des vermutlich aus Afrika stammenden „vescovo moro“ fällt in die 2. Hälfte des 4. Jahrhunderts. Aus dieser Zeit dürfte auch der erste Kirchenbau an Ort und Stelle der heutigen Basilika stammen. In den folgenden Jahrhunderten wurde San Zeno zu einer befestigten Benediktinerstadt, welche zu einem bevorzugten Aufenthaltsort der deutschen Könige auf ihren Italienzügen wurde.

Das heutige Bauwerk von San Zeno wurde im wesentlichen in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts errichtet. Einige Teile der Kirche wie der Chor oder der Kreuzgang wurden in den folgenden Jahrhunderten im gotischen Stil umgestaltet bzw. neu errichtet. Das dreischiffige Langhaus geht im Osten in einen deutlich erhöhten Chor über, unter dem sich auf halber Höhe eine große Krypta befindet. Vom Schiff aus kann der Besucher daher Krypta und Chor zur selben Zeit einsehen. Im Chor befindet sich ein Meisterwerk der Renaissance, der sogenannte San Zeno Altar, doch die eigentliche Besonderheit der Basilika ist das mit Bronzeplatten beschlagene romanische Tor.

Dem Portalbereich kam in romanischen und gotischen Kirchen eine besondere Stellung zu. Er stellte die Verbindung zwischen dem inneren, geweihten Bereich und der äußeren profanen Welt dar. Der Eingang wurde  als „Himmelspforte“ verstanden. Der Mensch wurde an die Segnungen des Himmelreiches erinnert, aber auch vor den Gefahren durch ein sündhaftes Leben gewarnt (Kalbaum, Türstürze und Tympana, 106). Auch in San Zeno weist der Eingangsbereich mit dem prächtigen farbigen Tympanon, den wunderschönen Marmorreliefs auf beiden Seiten des Portals und dem Bronzetor auf diese besondere Bedeutung mittelalterliche Kirchenportale hin.

 

Das Bronzetor selbst gehört zu den schönsten romanischen Türen überhaupt. Auf den im Wachsausschmelzverfahren hergestellten 48 Bronzeplatten ist die Handschrift verschiedener Meister zu erkennen. Die Werke zeigen biblische Motive oder Szenen aus dem Leben des heiligen Zeno. Die älteren Platten wurden in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts angefertigt (1120-1140) und befinden sich vorwiegend am linken Türflügel. Diese dürften aus einer Werkstatt aus Sachsen (eventuell Hildesheim oder Magdeburg) stammen. Die darauf abgebildeten Figuren wirken eher glatt und weisen nur geringe Verzierungen auf, dafür verfügen sie über eine enorme Tiefenwirkung und Lebendigkeit. Die jüngeren Platten befinden sich hingegen vorwiegend auf dem rechten Türflügel und stammen von Veroneser Künstlern aus dem späten 12. Jahrhundert. Sie wurden meist feingliedriger und detaillierter herausgearbeitet und wirken etwas weniger plastisch. Die Abfolge der Darstellungen ist jedoch nicht chronologisch, da sie von den jüngeren Meistern neu arrangiert wurden.

Erst die jüngere Forschung entdeckte auch den Wert der älteren Darstellungen. In der Vergangenheit wurden diese einfacheren aber ausdrucksstarken Darstellungen lange Zeit als minderwertige Werke angesehen und den „weiterentwickelten“ jüngeren Werken am rechten Türflügel als Negativbeispiel gegenübergestellt:

„… le più antiche sembrano tratte dal regno delle scimmie, le meno antiche dal regno degli uomini“

„… die weniger alten (Platten) scheinen aus dem Reich der Affen zu stammen, die jüngeren hingegen aus dem Reich der Menschen“

(Adolfo Venturi, Storia dell“arte, S. 210)

 

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